Der Sinkkasten – Internationale Jazz- und Blues-Größen gaben sich hier die Klinke in die Hand. Von einer solchen Szene kann Frankfurt heute nur noch träumen. Die Idee, die Story des ehemaligen Jazz- und Blues-Clubs zu schreiben, stammt von Hans Pehl. Der Stadtteil-Historiker hatte 2008 und 2009 die Studie „Afroamerikanische Unterhaltungskünstler in Frankfurt am Main bis 1945“ verfasst.
Als Kenner der Frankfurter Musikgeschichte empfahl er mir, mich mit dem Sinkkasten-Thema bei den Stadtteil-Historikern zu bewerben. Nach langen Recherchen präsentierte ich Anfang Januar 2017 im Eigenverlag ein 123-seitiges, reich illustriertes Buch mit dem Titel „Sinkkasten – 1971–2011 / Home of the Blues & Jazz in Frankfurt“. Eine zweite, aktualisierte Auflage soll folgen.
Meine Zeitreise führt zurück in 1950er-Jahre, als in der Stadt Clubs und Lokale wie das domicile de jazz (später Jazzkeller in der Kleinen Bockenheimer Straße) und das Storyville (Stiftstraße) eröffneten. Erst viel später, nämlich 1971, gründeten junge Leute in einem Gewölbekeller in der Mainstraße 2 den Sinkkasten. Der kuriose Name geht auf die Firma Passavant zurück. Sie hatte schon in den 1960ern unter dem Motto „Sinkkasten“ Feste mit traditionellem Jazz im Bockenheimer Schönhof gefeiert – anlässlich der Internationalen Sanitär- und Heizungsmesse (ISH).
Passavant in Aarbergen (Rheingau-Taunus-Kreis) war damals führend bei Produkten der Entwässerungstechnik. Dazu zählten auch die Sinkkästen, besser bekannt als Gullys. Die Firma hatte Kontakte zu den Clubgründern in der Mainstraße und griff ihnen beim Aufbau unter die Arme. Als Gegenleistung konnte Passavant dort die Messe-Partys steigen lassen – aber nur bis 1977. Denn das linksalternative Publikum im Sinkkasten motzte.
»Der kuriose Name ,Sinkkasten‘ geht auf die Firma Passavant zurück.«
Von Anfang an war die Lärmbelästigung durch Konzerte ein großes Thema in der Mainstraße. Anwohner protestierten. Der Sinkkasten entwickelte sich in den 1970ern zur Chefsache im Römer. Pläne, das Musiklokal im Ratskeller oder gar in Räumen der Alten Oper unterzubringen, wurden jedoch verworfen. Mit Unterstützung des damaligen Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann zog der Sinkkasten 1979 in ein Gebäude zwischen Brönner- und Stiftstraße um – in die früheren Räume des Storyville und des folgenden Clubs Zoom.
Die ersten zweieinhalb Jahrzehnte waren wohl die erfolgreichste Zeit des Sinkkasten als Jazz- und Blues-Club. Außer lokalen Bands traten auch bedeutende Künstler aus Europa und den USA auf: Art Blakey, Charles Mingus, Max Roach und Pharoah Sanders im Jazz sowie Otis Rush, Albert King, Albert Collins, Buddy Guy und Junior Wells im Blues.
Bei meiner Arbeit entdeckte ich wichtige Briefe, Behördenschreiben, Zeitungsartikel, Broschüren und Fotos. Fündig wurde ich unter anderem im Institut für Stadtgeschichte, im Hessischen Wirtschaftsarchiv und in privaten Archiven. Im Vereinsregister des Frankfurter Amtsgerichts stöberte ich das Gründungsprotokoll des Arts-Clubs von 1970 auf. Das war der spätere Sinkkasten-Trägerverein. Außerdem wandte ich mich auf der Suche nach Dokumenten ans Jazzinstitut Darmstadt und ans Lippmann+Rau-Musikarchiv in Eisenach. Sammler liehen mir ihre Memorabilien wie Bilder und Programme. Ebenso stieß ich auf interessante Beiträge in der Musikliteratur. Zeitzeugen äußerten sich zu möglichen Gründen, warum der Sinkkasten irgendwann nicht mehr angesagt war.
Nach einem Insolvenzantrag musste das Lokal Ende 2011 schließen. Zoom ist seit 2012 der Name des dort neu eröffneten Clubs. Schwerpunkt: Dancefloor und Hip-Hop.