Gesellschaft im Wandel / Migration und Neuanfänge / Biografien

Griechen in Frankfurt

von Dr. Peter Oehler

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Griechen sind schon immer ins Ausland, also auch nach Deutschland, gegangen. Um hier zu studieren. Oder um als Kürschner im Frankfurter Bahnhofsviertel zu arbeiten.

Aber in der Hochzeit der griechischen „Gastarbeiter“ kamen besonders viele: Die griechische Arbeitsmigration von 1960 bis 1976 umfasst 623.320 Personen, von denen dann später die meisten wieder zurückgegangen sind.

Die Griechen sind in Deutschland mit am besten integriert. Trotzdem gibt es so etwas wie eine griechische Community in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet. Dieses lose Netzwerk wird hauptsächlich über die griechisch-orthodoxen Kirchengemeinden und die zahlreichen griechischen Vereine gespannt. Die Griechen fühlen sich in Frankfurt sehr wohl. Dabei hat die Stadt Frankfurt eine herausragende Bedeutung gegenüber anderen Städten oder gar dem Land. Sie ist die internationalste Stadt in Deutschland, weswegen Menschen mit „Migrationshintergrund“ hier auch am einfachsten zurechtkommen. Wobei die meisten Griechen den Ausdruck „Deutscher mit Migrationshintergrund“ nicht mögen. Viele sehen sich als Frankfurter Grieche, kaum einer – so mein Eindruck – als deutscher Grieche.

Dabei ist der Kontakt zu Griechenland, zur alten Heimat, nicht abgerissen. Die meisten Griechen fahren mindestens einmal im Jahr nach Griechenland zu ihren dort lebenden Verwandten.

Die Untersuchung hat auch gezeigt, dass die Griechen hier in Frankfurt keine sehr homogene Bevölkerungsgruppe sind. Es gibt schon eine bunte Vielfalt und unterschiedliche Auffassungen. Das betrifft insbesondere drei Bereiche.

Neben der Tradition, das „Griechische“ zu bewahren, insbesondere in den griechischen Vereinen, gibt es hier Griechen, die sich mehr oder weniger stark von der griechischen Kultur distanzieren.

Unterschiedliche Auffassungen gibt es auch über die Schule, die griechische Kinder besuchen sollten. Die traditionelleren Griechen wollen lieber, dass ihre Kinder auf eine rein griechische Schule gehen. In Frankfurt-Griesheim gibt es eine Schule, die bis zum Abitur führt. Die progressiveren Griechen meinen, dass die griechischen Kinder in die ganz normalen Schulen gehen sollten, damit sie vor allem gut Deutsch lernen.

Die Zeit der Militärdiktatur in Griechenland (1967 bis 1974) war auch für die Griechen in Frankfurt bzw. Deutschland eine einschneidende und spaltende Zeit. Das war auch der entscheidende Grund, warum es (nicht nur) in Frankfurt zwei sogenannte Griechische Gemeinden gibt. Der Riss, der während der Militärdiktatur auch durch die griechische Bevölkerung hier in Frankfurt ging, ist bis heute nicht vollständig gekittet worden.

»Der Riss, der während der Militärdiktatur auch druch die griechische Bevölkerung hier in Frankfurt ging, ist bis heute nicht vollständig gekittet worden.«

Mehrere Interviewpartner freuten sich, dass sich jemand mit den Griechen hier in Frankfurt und ihrer Geschichte beschäftigt. Und es sei sogar besser, wenn das ein nicht direkt Betroffener, ein Deutscher, mache. Es geht darum, den Griechen, die hier leben beziehungsweise gelebt haben, eine Stimme zu geben. Das Wesentliche sind deshalb auch die (bisher 25) Interviews, die ich geführt habe.

Es ist geplant, aus den vielen und vielfältigen Informationen ein Buch zu machen. Mit Porträts ausgewählter griechischer Personen beziehungsweise Persönlichkeiten soll die Vielfalt griechischen Lebens in Frankfurt dokumentiert werden: Ein Überblick über die verschiedenen griechischen Institutionen in Frankfurt, die Geschichte der Griechen in Frankfurt, insbesondere die griechischen Kürschner und Pelzhändler im Frankfurter Bahnhofsviertel nach dem Zweiten Weltkrieg bis Ende der 1980er-Jahre, die griechischen Gastarbeiter, die Zeit der Studentenbewegung (1968) und der griechischen Militärdiktatur (1967–1974). Dazu die griechische Musik: Ein Überblick über die kleine, aber vielfältige Musikszene in Frankfurt; die Geschichte des Rembetiko in Frankfurt.

Dabei sollen – möglichst in Originalzitaten – die verschiedenen Interviewpartner selber zu Wort kommen.