Kunst- und Kulturgeschichte

Frankfurter Künstlerkolonie e. V.

von Astrid Kumpfe

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Mitte der sechziger Jahre entstanden in Frankfurt zehn Atelierhäuser, die ein Stück Frankfurter Geschichte erzählen.

Zu Beginn bestand für mich als Dokumentarfotografin eigentlich nur der Wunsch, eine gelungene Wohnform aus den sechziger Jahren zu dokumentieren. Doch bei den Gesprächen mit den Bewohnern stellte sich heraus: Diese besondere Architektur birgt auch ein Stück unbekannte Frankfurter Kulturgeschichte. Aus Neugier ergab sich dann eine historische Recherche, die dazu führte, sich um das Stadtteil-Historiker-Stipendium für den Stadtteil Praunheim zu bemühen.

Die Frankfurter Bildhauerin Cläre Bechtel (1905–1973), Absolventin der Frankfurter Städelschule, fand in ihrem Umfeld interessierte Kolleginnen und Kollegen, die mit ihr 1958 einen Verein gründeten, um sich für gefördertes Wohneigentum mit Arbeitsateliers bei der Stadt einzusetzen.

Nach dem Vorbild anderer Städte wie Darmstadt, Stuttgart oder München sollte eine Künstlerkolonie entstehen. Die Finanzierung – zum Teil mithilfe von städtischen Darlehen und der Nutzung von Förderungsmöglichkeiten des Landes – wollten die Künstler hauptsächlich selbst leisten.

1964 war es nach langem Hin und Her tatsächlich so weit. Die Stadt entschied sich für ein Gelände in Frankfurt-Praunheim, das sie in Erbpacht zur Verfügung stellte. Dem damaligen Planungsdezernenten Hans Kampffmeyer gefiel die Idee, an einem der Zugänge des zukünftigen Bundesgartenschaugeländes die Häuser als Beispiel für gelungenes modernes Bauen vorzusehen. Frankfurt war ausgewählt, die Bundesgartenschau 1969 auszurichten. Die Stadt trat jedoch noch vor der Ausführung der schon geplanten Maßnahmen von ihrer Nominierung zurück. Der Grund war ihre immer noch schlechte finanzielle Situation aufgrund des Wiederaufbaus. An der Künstlerkolonie hielt man aber fest. Das Anliegen, für Künstler Wohn- und Arbeitsräume zu schaffen, hatte bei unterschiedlichen Fraktionen im Römer Gehör gefunden. Entscheidend war aber, dass der Magistrat das Projekt offiziell als dringlich einstufte.

»Frankfurt am Main zu Beginn der fünfziger Jahre. In der zu großen Teilen vom Krieg zerstörten Stadt herrschte Wohnraummangel. Auch die Künstler in der Stadt waren von der Situation betroffen.«

Jedoch zeigte die Stadt Frankfurt kein Interesse, eine Künstlerkolonie – vergleichbar der 1952 entstandenen ‚Neuen Künstlerkolonie‘ in Darmstadt – als Teil ihrer Kulturförderung mit aufzubauen und repräsentativ zu nutzen. Kulturdezernent Karl vom Rath war skeptisch gegenüber dem Projekt und verhielt sich extrem zurückhaltend. Er hielt eine Finanzierung durch die Künstler für unrealistisch, die finanzielle Belastung für zu groß. Er sah – sicher auch aufgrund seiner knappen Mittel – hierin keine Aufgabe des Dezernats. In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau sagte er 1964: „Gemeinden sollen nur Kulturaufgaben übernehmen, die sie finanziell und sachlich lösen können.“ So entstanden letztlich private Atelierhäuser in Erbpacht, mit den möglichen öffentlichen Darlehen und im Rahmen der Regeln des sozialen Wohnungsbaus. Darüber hinaus entstanden in anderen Neubaugebieten der siebziger Jahre, zum Beispiel der Nordweststadt, weitere Wohnungen für Künstler.

Zu diesem Projekt entstand eine Publikation mit Fotografien, die einen Einblick erlauben in die besondere Wohnform – begleitet von einem Essay. Er führt den Leser auf eine bestimmte Art durch die Architektur, sodass eine Begegnung mit dem Ort, seiner Entstehungszeit, der Atmosphäre und den Bewohnern möglich wird. Hinzu kommen Texte, die über den Hintergrund der Gebäude informieren: die Entstehungsgeschichte, das historische öffentliche Engagement um Wohn- und Arbeitsräume für Künstler, die Künstlergruppe und die spezifische Form der Häuser.

Abschließend informiert ein Text über die biografischen Recherchen zur Bildhauerin Cläre Bechtel; ihrem persönlichen Engagement sind die Häuser zu verdanken. Ein Anhang gibt noch weitere kurze Informationen zu Personen und Begriffen, die mit dem Thema in Zusammenhang stehen.