Preungesheim war in den 1930er-Jahren sehr stark von dörflichen Strukturen geprägt. Ein großer Bevölkerungsanteil war noch in der Landwirtschaft oder im Kleinhandwerk beschäftigt. Kirche und Vereinsleben bestimmten das gesellschaftliche Leben. In dieses weitgehend intakte Dorfleben brachen die Nationalsozialisten 1933 keineswegs plötzlich ein.
Um zu verstehen, warum deren Ideologie eine breite Anhängerschaft in Preungesheim fand, muss man bis ins 19. Jahrhundert zurückblicken und die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg betrachten. Politisch war die Bevölkerung eng auf das deutsche Kaiserhaus bezogen, der Preungesheimer Pfarrer Fritsch propagierte nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg die „Dolchstoßlegende“, nach der die deutschen Soldaten im Feld unbesiegt waren, aber von der Heimat verraten wurden. Sein Nachfolger, Pfarrer Schäfer (Pfarrer von 1924 bis 1936), meinte, dass „die nationalsozialistische Bewegung als Morgenröte nach langer Nacht mit vielen erlittenen nationalen Demütigungen empfunden“ wurde.
Die Ablösung des eigentlich sehr beliebten Bezirksvorstehers Heinrich Steuernagels 1933 durch den NSDAP-Ortsgruppenleiter Wilhelm Reitner stieß dann auch auf keine größeren Proteste.
Unmut lösten die bald eintretenden Verbote der traditionellen Vereine als Träger und Organisatoren des Freizeitlebens und Einschränkungen im kirchlichen Leben aus. NSDAP-Organisationen richteten nun die traditionellen Feste aus.
Schließlich folgte der Zweite Weltkrieg nicht nur als überregionale Katastrophe, sondern auch mit einschneidenden Folgen für das Leben in Preungesheim.
Tod und Zerstörung erlebten die Preungesheimer sehr direkt durch den Tod von 242 Angehörigen und Freunden, die als Soldaten getötet wurden. 31 Preungesheimer kamen zu Hause durch Bombenangriffe ums Leben. 1407-mal mussten die Dorfbewohner wegen eines Fliegeralarms versuchen, Schutz zu finden. Angriffe und Zerstörungen hat ein Preungesheimer Bürger exakt dokumentiert. Dabei beschrieb er akribisch jeden Alarm und Angriff, notierte auf die Minute Verlauf und Auswirkungen. Ein anderer Preungesheimer Einwohner fotografierte sämtliche Schäden an Gebäuden. Diese Foto-sammlung bildet eine eindrucksvolle Dokumentation der Zerstörung.
Eine Überlegung, das Thema Zweiter Weltkrieg und Nationalsozialismus zu wählen, war die Hoffnung, noch mit Zeitzeugen sprechen zu können und deren Erfahrungen und Erlebnisse mit auszuwerten. Nach mehr als 70 Jahren ist dies zwar noch möglich, man befragt jedoch meist Personen, die zur damaligen Zeit noch Kinder oder Jugendliche waren.
»Die Fotosammlung eines Preungesheimer Bürgers bildet eine eindrucksvolle Dokumentation der Zerstörung.«
Man erfährt so zwar viele persönliche Gedanken und Erfahrungen aus dieser Zeit, jedoch beziehen sich diese fast ausschließlich auf persönliche Erlebnisse im Raum der Familie oder der frühen Schuljahre. Wenig erfährt man über politische Vorgänge, selbst auf der Ebene des Stadtteiles. Für die Forschung und die historische Darstellung dieser Zeit ist daher die schriftliche Überlieferung in verschiedenen Archiven besonders wichtig. Hier hat man meine Arbeit bereitwillig unterstützt. Dabei erlauben die Schriftquellen ein Bild, das bis zur Möglichkeit der Charakterisierung einzelner Persönlichkeiten in Preunges-heim reicht. Privatpersonen waren jedoch sehr wichtig bei der Beschaffung von Bildmaterial, zeitgenössische Fotografien ermöglichen die Illustration der Zeitumstände in Preungesheim, sie stellen aber auch eine wichtige Quelle dar, die zahlreiche Informationen zum Alltag und politischen Leben in der Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges bieten.